Überqualifiziert: Berechtigte Absage oder was bedeutet es wirklich?

Überqualifiziert Absage
Eine Absage mit der Begründung man sei "überqualifiziert" wirft mehr Fragen als Antworten auf. (Foto: Shutterstock)

Wenn du auf deine Bewerbung mit der Bezeichnung „überqualifiziert“ eine Absage erhälst, dann ist dies ziemlich frustrierend.  Aber eigentlich ist es doch nicht schlimm überqualifiziert zu sein, oder doch? 

Die Bezeichnung „überqualifiziert“ ist schon fast ein alter Hut. Manch einer hält die Bezeichnung für eine schwache Ausrede, warum man letztendlich nicht genommen wurde. „Ach, die haben bestimmt jemand internes eingestellt und mussten die Stelle ausschreiben, und jetzt heißt es, ich bin überqualifiziert.“

Verfügt ein Bewerber schon über sieben anstatt den geforderten drei Jahre Berufserfahrung, dann ist dieser doch besser geeignet als jemand, der seit seinem Studiumsende vielleicht nur in einer Position gearbeitet hat.

Theoretisch gesehen sollte der überqualifizierte Bewerber alles viel schneller können und zudem noch anderweitige Aufgaben übernehmen können. Wieso wird man also abgelehnt, obwohl man doch eigentlich der eindeutig bessere Kandidat für die Rolle wäre?

1Was „überqualifiziert“ in den Augen der Personaler wirklich bedeutet, wenn man dir eine Absage schickt

Überqualifiziert = Überbezahlen

Der zuständige Personalverantwortliche wird wahrscheinlich denken, dass du mehr Geld verlangen wirst als für die Position ursprünglich im Budget vorgesehen wurde.

Überqualifiziert = Übergangslösung

Man kann denken, dass du diese Position nur als Übergangslösung siehst und kündigst, sobald du etwas Besseres gefunden hast.

Überqualifiziert = Bedrohung

Wenn du mehr Erfahrung und Qualifikation als alle anderen Kandidaten hast, dann können die Personen, die für die Auswahl zuständig sind, dich auch als Bedrohung für zukünftige Beförderungen ansehen.

Überqualifiziert = Verzweiflung

Wer sich auf schlechtere Positionen bewirbt, erweckt den Eindruck, dass er in seinem jetzigen Bereich nichts findet und sich nur aus Verzweiflung um schlechtere Jobs bewirbt. Dies ist natürlich nicht der beste Eindruck und man wird sich fragen, wieso du Schwierigkeiten hast etwas Besseres zu finden.

2Wenn der Grund, der Absage immer wieder „überqualifiziert“ lautet

Mehr Selbstvertrauen

Überlege dir, warum du dich auf eine Position beworben hast bei der man denkt, dass du zu gut für sie bist. Traust du dir selbst nicht zu in einer für dich gerechtfertigten Position zu arbeiten?

Gründe hierfür können zum Beispiel die Angst vor Führungsaufgaben oder einem befürchteten Burnout sein. Es ist ganz normal, dass Veränderungen uns immer wieder testen.

Wenn du weißt, dass du einen Schwachpunkt in einem bestimmten Bereich hast dann sollten Sie versuchen daran zu arbeiten. Bei einer für Sie schlechteren Position könnten Sie sich schnell langweilen und somit die Motivation verlieren, und wenn die Motivation einmal fehlt, dann leidet auch Ihre Arbeit darunter.

Lerne dich besser zu positionieren

Wenn du schon länger arbeitslos bist und dich daher die Situation zur Verzweiflung bringt, solltest du deine Strategie in Punkto Bewerbung ändern. Manchmal liegt es an der Wirtschaft, manchmal an der Konkurrenz und manchmal auch einfach nur an schlechten Bewerbungsunterlagen.

 Wer sich nicht richtig positioniert, wird übersehen . Werte dein LinkedIn-Profil auf, betreibe Networking und überarbeite deine Bewerbungsmaterialien mit einem Profi.

Optionen abwägen

Es gibt nicht nur eine gerade Linie, um einen guten Job zu finden. Wer keine Position findet, die dem aktuellen Karriereweg entspricht, muss die Karriereleiter nicht hinabsteigen. Zeitlich begrenzte Positionen oder Teilzeit-Tätigkeit können ebenso im In- und Ausland die Türen öffnen.

Wenn man sich karrieretechnisch „zwischen zwei Größen“ befindet, kann es auch Sinn machen eine Weiterbildung anzustreben. Mit der Weiterbildung kann man sich dann selbstbewusster auf eine höhere Stelle bewerben.

3Wer wirklich einen Schritt zurücktreten möchte

Gründe, sich bewusst für eine unterqualifizierte Position zu bewerben

Die Gründe hierfür können zahlreich sein. Jemand, der sein eigenes Business aufbauen möchte, allerdings in der Übergangszeit auf ein regelmäßiges Gehalt angewiesen ist, entscheidet sich vielleicht dazu, nach einer Position mit weniger Verantwortung zu suchen.

Einige Frauen wollen vielleicht das erste Jahr nach dem Mutterschaftsurlaub in eine Halbzeitstelle oder in eine Stelle mit weniger Anforderungen als zuvor einsteigen. Eine Führungsposition bringt zwar ein höheres Gehalt, allerdings kommt mit mehr Gehalt auch mehr Verantwortung einher.

Auch wenn jemand das Glück hatte und in seiner vorherigen Führungsposition kaum Überstunden machen musste, Stellen mit mehr Verantwortung sind im Allgemeinen stressiger.

Überqualifiziert bewerben ohne eine Absage zu erhalten

Wer nach dem Mutterschaftsurlaub zurück in seine alte Firma geht, kann ganz offen mit dem Personalverantwortlichen darüber reden, wenn man nur Teilzeit oder Vollzeit, aber in einer einfacheren Position arbeiten möchte.

Wer seinen Fokus auf ein anstehendes Projekt oder den Aufbau seines eigenen Business legen möchte, sollte dies nicht unbedingt beim Vorstellungsgespräch erwähnen.  Wieso sollte man dich einstellen, wenn man jemand anderen einstellen könnte, der womöglich länger in der Firma bleiben wird? In so einer Situation wirst du als eine tickende Zeitbombe gesehen, da du jederzeit kündigen könntest.

Eine Lösung in so einer Situation kann Zeitarbeit sein. Das heißt: Du arbeitest für einen vereinbarten Zeitraum in einer bestimmten Position. Zeitarbeit kann Vor- und Nachteile haben. Teilweise wird man pro Job bezahlt und kann sich somit über einen besseren Stundenlohn freuen. Das Problem hierbei ist allerdings, dass du nicht beim Arbeitgeber abgesichert bist und die Suche für Zeitarbeits-Jobs viel Zeit beansprucht.

Damit man zunächst zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, sollte man im Anschreiben erwähnen, warum man sich für eine unterqualifizierte Stelle bewirbt. Ein möglicher Grund ist zum Beispiel die Suche nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance. Man wird dann schon ahnen können, dass du in deinem vorherigen Job nur Stress und Überstunden hattest.

Deine Erfahrung und Qualifikationen als Mehrwert verkaufen

Vergesse nicht, dass deine Erfahrung und Qualifikationen ein Bonus für das Unternehmen sind. Zeige deine Begeisterung für die Firma. Wer von einem Unternehmen und dessen Vision begeistert ist, kündigt nicht allzu schnell, was in deinem Fall vielleicht befürchtet wird.

Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.