Nenn mich bloß nicht Sekretärin: Warum Jobtitel so ungemein wichtig sind

[dropcap]D[/dropcap]ie Aufgabe eines Jobtitels soll sein, dass man sofort weiß, welche Aufgaben hiermit verbunden sind. Ein Zusatz wie Senior oder Manager im Titel geben dem Jobtitel zusätzlich Seniorität. Besonders im Englischen sind viele Jobtitel genormt und man weiß eigentlich sofort, was Derjenige macht, welche Fähigkeiten und Qualifikationen für diese Position relevant sind.

Nichtssagende Jobtitel und die dazugehörigen Konsequenzen

Hierzulande ist es leider nicht immer der Fall, dass man bei einem Jobtitel weiß, was dahintersteckt. So kann ein Mitarbeiter für fast alles und fast nichts in einem Unternehmen die Verantwortung tragen. Sucht man allerdings in den bekannten Jobbörsen nach der Bezeichnung Mitarbeiter wird man überschwemmt mit Stellenanzeigen für die unterschiedlichsten Jobs und Aufgabengebiete.

Ein Mitarbeiter arbeitet im Mittelfeld. Dies könnte man annehmen. Irgendein Teammitglied, welches hilft und vor allem Routineaufgaben übernimmt. Die Realität in deutschen Büros sieht meist aber ganz anders aus. Mitarbeiter haben teilweise Personalverantwortung und übernehmen Aufgaben, bei denen man flexibel sein und über fachspezifische Kenntnisse verfügen muss. Der akademische Grad variiert zudem sehr stark. Ein Großteil der Stellenanzeigen fordert einen Hochschulabschluss, viele Mitarbeiter sind allerdings nach ihrer Ausbildung in ein und demselben Unternehmen hängengeblieben. Auch mit wachsender Verantwortung ädern sich viele dieser Jobtitel nicht. Warum dies nicht nur für die Psyche des Mitarbeiters, sondern auch für zukünftige Jobs schlecht ist, beleuchten wir in diesem Artikel.

Die Wichtigkeit von Jobtiteln wird unterschätzt

Ein guter Jobtitel ist wie ein Abschluss. Man hat hart gearbeitet und sich diesen verdient. Mit einem Jobtitel, der nichts aussagt, hat man diesen Verdienst nicht erhalten. Es ist als ob man gar nicht in seinem Job wertgeschätzt wird und nur ein beliebiges Teil einer langen Kette ist. Unternehmen verschwenden kaum einen Gedanken daran, ob und wie Jobtitel eingesetzt werden. Hinterfragt wird die Verwendung von Jobtiteln ebenso von den meisten Arbeitnehmern nicht.

Jobtitel sind wie gutes Marketing. Hat etwas einen coolen Namen, findet es automatisch mehr Anklang bei vielen Personen. Bei Jobtiteln wie Mitarbeiter*in oder Sekretar*in fehlt der Aspekt der Neuheit. Schon hundertmal gehört.

Das allerwichtigste bei einem Jobtitel ist jedoch die damit verbundene Autorität. Wenn Sie nicht den richtigen Jobtitel haben, kann dies sowohl im Unternehmen selbst aber auch bei Außenstehenden oder Kunden beeinträchtigen. Außenstehende, die zum Beispiel mit dem Unternehmen zusammenarbeiten möchten, suchen nach Entscheidungsträger. Obwohl eine Sekretär*in oder ein Mitarbeiter durchaus einen guten Platz im Unternehmen haben können, kann man gewiss zu Unrecht als jemand angesehen werden, der tatsächlich auf einem niedrigen Leistungsniveau ist.

Arbeitstitel im Wandel der Zeit am Beispiel der Sekretärin

Die Globalisierung ist hier. Neuere Jobs kommen Hand in Hand mit neuen Jobtiteln. So wurde aus dem Chef oder Leiter der Head of Department. Die rechte Hand des Vorgesetzten wird schon lange nicht mehr als Sekretärin bezeichnet. Zu alt sei diese Bezeichnung. In vielen Bereichen hinkt man dem Zeitgeist hinterher. Dies gilt natürlich auch für Jobtitel.

Während eine Person ihren Job als Sekretär*in macht, ist eine andere als Executive Assistant oder Senior Administrator beschäftigt. Das Aufgabenfeld und der Erfahrungsschatz können genau gleich sein, jedoch arbeitet man unter einer anderen Bezeichnung.

Manch einer nimmt die Gleichstellung seiner jetzigen Position, wie in etwa ein Personal Assistant, mit dem Jobtitel Sekretär*in sogar als Beleidigung war.

„Ich bin doch keine Sekretärin. Ich mache so viel mehr!“ heißt es dann. Was früher ein schlecht bezahlter und untergeordnete Sekretär*innen Job war, ist heute eine wertvolle Karriere, die viele Vorteile und Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung mit sich bringt. Fast automatisch verbindet man heute den Beruf der Sekretär*in mit unterbezahlt und Routineaufgaben.

Ein Jobtitel kann ausschlaggebend für unsere Motivation sein. Ein Executive Assistant scheint mehr Verantwortung zu haben und karrierebewusster zu sein. Die einfache Sekretär*in hingegen hat vielleicht noch mehr zu bieten, der Jobtitel lässt dies aber nicht vermuten.

Auch wenn man argumentieren kann, dass Sekretär*innen im Gegensatz zu einem Executive Assitant früher nur vor sich hin getippt haben und Termine ausmachten. Multitasking, Proaktivität wie auch Eigeninitiative gehören bei beiden Jobs zweifelsfrei dazu. Erfolgreich wird man in diesem Job nur, wenn man ein Gespür dafür hat, was der Vorgesetzte denkt und wie er reagieren würde. Manche Chefs witzeln sogar, dass ihr Assitant ihn besser kennt, als er sich selbst.

Mehr als nur ein Titel: Arbeitstitel entscheiden über die nächste Position

Auch wenn es einem nicht als oberste Priorität erscheint. Irgendwann macht sich ein schlechter Jobtitel bemerkbar. Versetzen Sie sich in die Position eines Personalers, der eine neue Stelle zu besetzen hat und jetzt hunderte von neuen Lebensläufen durchforsten muss. Im Schnitt widmet man sich einem Lebenslauf nur 10 bis 15 Sekunden. Das wichtigste Kriterium für einen Job kann hier die Erfahrung sein und diese wird in den meisten Fällen am jetzigen Jobtitel gemäßen. Ein Mitarbeit im Projektteam kann durchaus fünf Jahre Erfahrung vorweisen, bei einem Project Coordinator weiß man allerdings, dass es um die drei Jahre sind und ein Project Manager mehr als vier oder fünf Jahre Erfahrung mit sich bringt.

Jobtitel sind genau wie das Gehalt verhandelbar

Egal ob es um das Ansehen von Kollegen, Kunden oder Außenstehenden geht. Wer denkt, dass der Jobtitel nicht zu einem passt, sollte das Gespräch mit dem zuständigen Personaler oder Vorgesetzten suchen. Wichtig bei einem Gespräch, um den Jobtitel ist, dass man klar und deutlich macht, dass man sich mit dem jetzigen Jobtitel nicht wertgeschätzt fühlt.

Unvorbereitet sollte man natürlich nicht in ein Gespräch kommen. Jobbörsen genau wie LinkedIn sind gute Anhaltspunkte, um zu schauen, welche anderen und vor allem vergleichbaren Jobtitel es da draußen noch gibt.

Die Änderung des Jobtitels sollte als Mehrwert für das Unternehmen verkauft werden. Denn dies ist es auch. Arbeiter*innen, die sich wertgeschätzt fühlen sind nämlich motivierter und machen deshalb auch einen besseren Job.

Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.