Auswandern nach Island: Wohnen und Arbeiten auf Island

[dropcap]A[/dropcap]ngesichts der unzähligen Naturschönheiten in Island ist es kein Wunder, dass viele Aussteiger planen, auf die noch ursprüngliche Insel zu ziehen, die zugleich eine moderne Kultur und Infrastruktur bietet. Viele Auswanderer erhalten auf Island gute Chancen, mit einer soliden Arbeit richtig Fuß zu fassen und heimisch zu werden.

1Unternehmen und Jobs für Deutsche in Island

Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern ist der Arbeitsmarkt auf Island mit einer niedrigen Arbeitslosenquote von nur rund 3% (Stand 2017) sehr entspannt. Obwohl die abgelegeneren Gegenden im Norden und Osten hauptsächlich von Fischfang und Landwirtschaft leben, ergeben sich insbesondere in der Hauptstadt auch für Ausländer in bestimmten Branchen gute Möglichkeiten, einen guten Job zu finden.

Die besten Aussichten auf einen schnellen Job in der Tourismusindustrie haben aktuell Auswanderer, die über gute Englisch- und Deutschkenntnisse verfügen. Aufgrund des enormen Tourismusbooms der letzten Jahre sind zuverlässige Arbeitnehmer in dieser vielfältigen Branche sehr gefragt. Auch flexible Quereinsteiger finden in der Tourismusbranche meist gute Anstellungen.

Qualifizierte Fachpersonen aus dem IT- und Gesundheitswesen ergattern besonders in der Hauptstadt Reykjavik, relativ schnell Arbeit. Energiekonzerne wie Geysir Green Energy und Pharmakonzerne wie Alvotech suchen ebenfalls regelmäßig qualifiziertes Personal. Einfachere Arbeitsstellen wie beispielsweise in Supermärkten, Imbissbuden und Tankstellen, werden hauptsächlich von Schülern und Studenten mit entsprechend niedrigem Lohn besetzt.

2Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis

Aufgrund der Zugehörigkeit Islands zum EWR benötigen Einwanderer, wie auch Staatsangehörige anderer EU Mitgliedstaaten, keine individuelle Aufenthaltserlaubnis. Sie sind allerdings verpflichtet, sich beim zentralen Melderegister (Þjóðskrá) anzumelden und eine Personenkennziffer (Kennitala) zu beantragen. Für EU-Bürger ist es relativ einfach, offiziellen Aufenthalt auf Island zu begründen. Für den Antrag müssen lediglich Strafregisterauszug, Geburtsurkunde, Nachweis einer bestehenden Krankenversicherung und Arbeitsvertrag vorgewiesen werden. Wer sich selbständig machen möchte oder auf Island studiert, benötigt den Nachweis, für die Lebenshaltungskosten der kommenden Monate aufkommen zu können.

3Bildung in Island

Eine gute Schulbildung hat auf Island einen hohen Stellenwert. Kinder, die in abgelegenen Gegenden wohnen, besuchen während des Schuljahres Internate, die während der Sommermonate kurzerhand zu Hotels umfunktioniert werden.

Nach der Grundschule besuchen die meisten Kinder das Gymnasium und streben im Anschluss ein Studium an. Island verfügt zwar über einige Universitäten, viele Isländer zieht es jedoch aufgrund vielfältigerer Studienmöglichkeiten vor allem nach Dänemark, Deutschland, Österreich und in die USA. Der isländische Staat vergibt großzügige Studiendarlehen, sodass alle Isländer die Möglichkeit haben, einem ordentlichen Studium im In- und Ausland nachzugehen. Eine oft attraktive, aber auch etwas teure Option für Familien mit jüngeren Kindern ist die International School. Die bilinguale Schule befindet sich in Garðabær, einer hübschen und ruhigen Wohngegend südlich von Reykjavik.

4Sprache und Gesellschaft

Die offizielle Landessprache ist Isländisch, wobei die meisten Isländer sehr gut Englisch sprechen. Deutsch sprechen die wenigsten Isländer. Allerdings ist es für Auswanderer sehr empfehlenswert, die angebotenen Isländischkurse einiger Sprachschulen Reykjaviks oder der Universität so rasch als möglich in Anspruch zu nehmen. Isländer sind zwar grundsätzlich sehr gastfreundlich und herzlich, zeigen jedoch keinerlei Verständnis, wenn neu Hinzugezogene nach einigen Monaten kaum Isländisch sprechen. Wer sich jedoch darum bemüht, wird gerne in der Gesellschaft angenommen und wie Einheimische behandelt.

Island zählt knapp 330.000 Einwohner, ein guter Drittel davon wohnt in Reykjavik. Auf der nur 103.000 km² großen Insel werden viele Traditionen noch sehr gepflegt. Die Mentalität der Isländer ist von Offenheit, Kinder- und Familienfreundlichkeit, Naturverbundenheit und Zusammenhalt geprägt. Entsprechend gerne, wird oft und intensiv gefeiert. Während der Sommermonate gibt es rund um die Insel unzählige Festivals, während in den dunkleren Monaten mehr zu Hause unter Freunden und mit Familie gefeiert wird. Viele Isländer setzen sich Abends auch gerne in den mit Thermalwasser gefüllten Hot Pot, während sie die wichtigsten Neuigkeiten austauschen.

5Preise und Finanzen

Ein wichtiger Punkt der vor dem definitiven Umzug nach Island gründlich in Betracht werden sollte, sind die Verdienstmöglichkeiten in Zusammenhang mit den Lebens- und Unterhaltungskosten. Die durchschnittlichen Bruttolöhne auf Island sind ähnlich wie in Deutschland, aufgrund der teils enormen Währungsschwankungen können jedoch nur ungefähre Vergleiche gemacht werden. Die gängigsten Lebensmittel kosten etwa 20-40 % mehr wie in Deutschland, Extras wie Kleidung, Tierfutter, Pflegeprodukte, Schreibwaren, Alkohol und Essen in Restaurants kosten oft das Vielfache. Zu den Ursachen der teuren Mietwohnungen wird unter „Wohnen und Gesellschaft“ näher eingegangen.

In Island gibt es keine progressive Besteuerung. Es gibt aktuell nur 3 verschiedene Steuersätze (gelten nicht für Kapitalvermögen): 37,30% bei monatlichem Einkommen bis 309.140 ISK, 39,74% bei Einkommen bis 836.404 ISK und 46,24% für alle monatlichen Löhne über 836.404.

Aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten, arbeiten auch in Familien mit jungen Kindern üblicherweise beide Elternteile. Viele davon haben zwei Jobs. Auch ist es auf Island üblich, dass Jugendliche einer regelmäßigen Arbeit nebst Schule und Studium nachgehen.

6Wohnen und Gesundheit

Für Personen, die nicht in der Fischindustrie oder Landwirtschaft tätig sind ist es schwierig, außerhalb der Stadt Anstellung und Wohnung zu finden. Mietwohnungen rund um Reykjavik sind leider knapp und teuer. Aktuell kostet eine Einzimmerwohnung in Reykjavik durchschnittlich ISK 177.000 (Stand August 2017). Eine Mietwohnung gar mit Hund oder Katze zu ergattern, ist normalerweise unmöglich. In ländlicheren Gebieten sind die Immobilienpreise zwar deutlich niedriger, aber Mietwohnungen sind auch hier eine Rarität. Für junge Isländer ist es normal zu Hause zu wohnen, bis sie Eigenheim kaufen können. Aktuell sind viele Baufirmen mit weitläufigen Immobilienprojekten rund um Reykjavik beschäftigt, was sich künftig positiv auf die Preisentwicklung auswirken könnte.

Die medizinische Versorgung auf Island ist gut. In Reykjavik gibt es modern ausgestattete Krankenhäuser, Fachärzte und ausreichend Apotheken. Auf dem Land gibt es kleinere Spitäler, in denen die Ärzte auf Abruf arbeiten. Der Rettungsdienst arbeitet hervorragend, kostenfrei und auf hohem Niveau. Positiv zu erwähnen ist auch, dass alle Einwohner, die mindestens seit einem halben Jahr in Island wohnen, automatisch krankenversichert sind. Die Ausgaben des Gesundheitswesens werden zum größten Teil aus den Steuereinnahmen finanziert. Privatabteilungen gibt es hingegen nicht.

7Deutsche in Island

Schätzungsweise leben etwa 500 Deutsche in Island. Das Deutsch-Isländische Netzwerk richtet sich an Deutsche und Isländer, die Interesse am kulturellen Austausch und gegenseitigem Kennenlernen haben. Vielfältige Veranstaltungen und Aktivitäten werden organisiert wie z.B. Deutschkurse für Kinder, Stammtisch, Wandergruppe, Spielgruppe und vieles mehr. Die Deutsche Botschaft befindet sich in Reykjavik und stellt gerne umfangreiche Informationen zu Behörden, Vereinen, Arbeitsvermittlungen und weiteren nützlichen Anlaufstellen zur Verfügung.

8Orientierungsreise nach Island

Island ist ein tolles Land, jedoch ist es zum Leben nicht für jedermann geeignet. Um Island auf Herz und Nieren zu prüfen, sollte man eine Orientierungsreise nach Island machen. Denn einfach so in ein Land auszuwandern ohne es gründlich bereist zu haben, kann ganz schnell schief gehen.

Bei einer Orientierungsreise geht die Recherchearbeit vor der eigentlichen Reise los. Hierbei ist es wichtig, sich alle offenen Fragen zu notieren, die man auf der Reise dann beantworten sollte. Hierzu gehören unter anderem Fragen nach Arbeitsmöglichkeiten, die Wohnsituation, die einzelnen Regionen beziehungsweise Stadtteile, die Preiskalkulation für den Lebensunterhalt und natürlich wie man sich in dem Land selbst fühlt und zurechtfindet. Um wirklich alles in Island zu sehen, empfiehlt sich eine Rundreise mit dem Auto. Die ausführliche 7-Tage Reiseroute für Island von Breathing Travel zeigt, dass man innerhalb einer Woche einen sehr guten Eindruck von Island gewinnen kann.

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Marlene Schimanski ist die Gründerin und Chefredakteurin von Auslandskarriere. Sie lebte bereits in fünf verschiedenen Ländern (Portugal, Island, Österreich, Irland und Australien) und ist 2013 nach Australien ausgewandert. Sie hat bei PwC und KPMG im Global Mobility gearbeitet, bevor sie sich als Englisch-Übersetzerin und Karrierecoach selbstständig machte. Sie hat einen Masterabschluss in International Business Administration.